CoffeeBreak besucht Ronald Büttler, den Designer der neuen Z-Linie von JURA, in seinem Zürcher Atelier.

Zürich, Kreis 4. Einst wurden hier Pferde und Kleintiere verscharrt. Der Spitzname »Chreis Cheib« [Cheib = Kadaver] zeugt bis dato davon. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bot er Migranten ein neues Daheim. Heute pulsiert auf seinen Straßen und Gassen, hinter dicken Mauern und bunten Fenstern das (Nacht-)Leben. Künstler fühlen sich hier genauso wohl wie Randständige, Paradiesvögel, Nachtclubs, Bars und Etablissements. Die legendäre Langstraße ist die Aorta der Lust und des Lasters; ihre Quer- und Seitengassen strotzen vor Kreativität. 

Ein Ort der Kreativität inmitten Zürichs

Ein Fahrrad flitzt an einer mit Graffiti versprayten Häuserzeile vorbei, biegt abrupt ab und wird von einer dunklen Einfahrt verschlungen, an deren Ende sich ein charmantes Atrium auftut. Designer Ronald Büttler setzt den Helm ab und kettet sein Gefährt an. Unser Blick schweift durch einen lichtdurchfluteten Innenhof. Autos parken auf engstem Raum. Firmenschilder mit schnörkelloser Typografie flankieren prunklose Eingangstüren: Galerien, Beratungsfirmen, Architekten und mittendrin »Candio & Büttler, Architekten und Industrial Designer«.

»Es ist ein Ort mit einer Patina von Leben, an dem Sein mehr zählt als Schein. Wir schätzen die lebendige Durchmischung und den Austausch mit anderen Kreativen«, schwärmt der Designer. Sein Handwerk erlernte er an der renommierten Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich. Mit ETH-Architekt Manuel Candio wagte er vor zehn Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit. »Seit knapp zwei Jahren ist Frank Bosshard bei uns als Partner mit an Bord. Der vierte im Bunde heißt Olivier Sottas, ist Produktgestalter und Innenarchitekt.« Auf einer spartanischen Holzbank neben dem Eingang lassen wir uns bei einem Espresso von den kräftigen Strahlen der Frühlingssonne wärmen. »Seit sieben Jahren befindet sich unser Büro in diesem Hofgebäude.« Kurzer Arbeitsweg garantiert, denn alle vier wohnen in der Stadt. »Wir fühlen uns ausgesprochen wohl hier im Quartier. Ich mag die urbane Umgebung.« 

Vom zeichnenden Kind zum professionellen Designer

Dass er einst einen kreativen Beruf ergreifen wollte, war für den 47-jährigen Ehemann und Vater einer zwölfjährigen Tochter und eines zehnjährigen Sohns früh klar. »Schon als Kind habe ich gerne und viel gezeichnet und so lange, wie ich denken kann, bin ich von Autos fasziniert. Mich interessieren die Formen, da sie den Autos einen Charakter geben; im Idealfall sogar etwas Wesenhaftes.« Während seiner Lehre zum Hochbauzeichner und der Arbeit bei einem Architekten, der sich mit dem industrialisierten Bauen und Industrial Design beschäftigte, packte es ihn, und so stand für Büttler das Berufsziel fest: Designer.

Langjährige Zusammenarbeit mit JURA

Mit JURA verbindet Ronald Büttler und Manuel Candio eine langjährige Zusammenarbeit. Die erfolgreiche ENA-Linie stammt genauso aus ihrer Formenschmiede wie die IMPRESSA-A-Linie oder das vor rund zwei Jahren eröffnete Global Support Center, die Halle III am JURA-Stammsitz. Der Auftrag zur Weiterentwicklung der Z-Linie stieß auf Begeisterung. Zur 2004 lancierten Z5 bestand bereits eine enge Beziehung. »Ich habe damals bei Zemp und Partner Design an der Designentwicklung der Z5 mitgearbeitet. Deshalb weiß ich, welche Gedanken zu diesem Design führten.« Büttler war sich bewusst, auf wessen Spuren er und sein Team bei der Weiterentwicklung der seit zehn Jahren erfolgreichen Z-Linie wandelten, und trat das Erbe verantwortungs- und respektvoll an. 

Wie sich ein Produkt weiterentwickelt und sich dennoch treu bleibt

»Um es weiterentwickeln zu können, muss man verstehen, weshalb das Gerät so erfolgreich ist. Bei der Z-Linie war es das stimmige Ganze: die Marke, die Qualität, die Materialien, die Verarbeitung, die intuitive Bedienung, der perfekte Kaffee und das eigenständige Design mit hohem Wiedererkennungswert.« Letzterer sei damals »… mit der geschwungenen Alufront vorbildlich gelungen. Deshalb übernahmen wir dieses formale Element auch für die Z6.« Es wurde allerdings frisch interpretiert. »Die Herausforderung lag darin, trotz der formalen Zitate ein neues Design zu schaffen. Bei der Z6 sind die Kurven straffer und wirken daher präziser. Die Materialisierung der Front wird neu über das Dach weitergezogen. Das rückt den nach vorne gezogenen Bohnenbehälter mit den sichtbaren Kaffeebohnen in den Fokus.«

Nicht nur durch ihre Hülle wurde die Z-Linie 2.0« auf den nächsten Level gehievt. »Intensive Überlegungen zur Ergonomie und Funktionalität flossen in unsere Arbeit ein. Alle Primärfunktionen sind direkt und von vorne zugänglich. Wassertank und Bohnenbehälter beispielsweise. Das Screendesign führt die Formensprache des Gerätes weiter. Im Zentrum stehen die Kaffeespezialitäten. Sie sind realistisch dargestellt. Tasten für die direkte Zubereitung verkörpern Genuss auf Knopfdruck. Dank des großen Farbdisplays konnte die Menüführung besonders benutzerfreundlich gestaltet werden. Die ganze Navigation ist bildbasiert. Für jede Funktion wurde ein einprägsames Piktogramm entwickelt, und die verschiedenen Menübereiche sind farblich differenziert. Das ermöglicht eine schnelle und sichere Navigation.«

Was macht Schweizer Design aus? 

Die Frage, ob die neue Z-Linie die Attribute typisch schweizerischen Designs in sich vereine, lässt sich für Büttler nicht einfach beantworten. »Ich denke, Schweizer Design als Dienstleistung ist nur bedingt ein Exportgut. Es sind die Produkte mit ›Schweizer Stallgeruch‹, die weltweit beliebt sind. Und zu diesem Erfolg trägt das Swiss Design seinen Teil bei. Es macht die Swiss Quality sichtbar und erlebbar. Schweizer Design hat nichts mit der Nationalität der Designer zu tun, sondern vielmehr mit einer Haltung, einem bestimmten Verständnis, das an Schweizer Designschulen vermittelt wird. Aber auch mit den Werten, die unsere Kultur und Gesellschaft ausmachen.«

Und so wollen Candio & Büttler auch weiterhin »… Objekte ›beseelen‹, damit Menschen sie mögen und lange Freude daran haben. Sie sollen Besitzerstolz wecken und gerne benutzt werden. Mit einfachen, klaren Formen möchte ich dem Ding einen starken Ausdruck und Eigenständigkeit verleihen.« Inspiration für seine Arbeit schöpft der Designer oft aus der Aufgabe selber, aus seiner Umwelt und dem aktuellen Zeitgeschehen. Ausgleich zum Beruf findet Ronald Büttler bei seiner Familie und dann, wenn er sich an seinen persönlichen Lieblingsdesignstücken zu schaffen und dabei ordentlich die Hände schmutzig macht. »Ich schraube gerne an meinen drei alten Autos, die ich auch im Alltag fahre. Meine DS fahre ich seit über 20 Jahren. Der Citroën DS und der CX gehören zu meinen Lieblingsdesignstücken. Vom zeitgenössischen Design mag ich die Arbeiten der Bouroullec-Brüder. Sie sind sinnlich und innovativ zugleich.«


Fotos: Kurt Pfister